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Ausblick auf das kommende Immobilienjahr

Womit heimische Branchenexpertinnen und -experten 2024 rechnen.

Die hohe Inflation, der Zinsanstieg, die restriktiveren Kreditvergaberegeln sowie die Rallye bei Grundstücks-, Energie- und Baustoffpreisen stellen vor allem den Wohnbausektor vor immer größere Herausforderungen. Ende 2022 äußerten diverse Expertinnen und Experten an dieser Stelle die Hoffnung, dass sich die Situation trotz gegenteiliger Marktprognosen heuer entspannt. Diese Hoffnung verpuffte. Für das österreichische Immobilienjahr 2024 lebt sie, wenn auch kränkelnd.

Eine – positive – Folge des multiplen Krisengemenges „könnte und sollte sein, dass die Branche näher zusammenrückt und sich gegenseitig unterstützt“, sagt Oliver Brichard, Geschäftsführer der Brichard Immobilen GmbH in Wien. Kathrin Reitz, Geschäftsführerin von Immobilis in Innsbruck, wiederum betont in ihrem Statement, „dass Dienstleistung, fundiertes Fachwissen und Marktkenntnisse wieder ‚in‘ sind.“ Dem kann man sich nur anschließen. In diesem Sinn: Prosit 2024!

Sebastian Beiglböck, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE)
Kaum noch Projekteinreichungen

„Während die Branche einzelne Verschlechterungen der Rahmenbedingungen in der Vergangenheit immer gut abfedern konnte, kommt derzeit vieles zusammen. Wir sehen die Gefahr, dass in zwei bis drei Jahren maßgeblich Wohnraum fehlt, weil derzeit kaum noch Projekte eingereicht werden. Dadurch werden die Preise schnell wieder steigen. Sollte die Politik die derzeitigen, für die Branche ungünstigen Rahmenbedingungen nicht verbessern, rechnen wir mit einem deutlichen Rückgang bei der Realisierung neuer Projekte im Wohnungsmarkt in Österreich.“

Martina Hirsch, Geschäftsführerin von s Real Immobilien
Beruhigungseffekte bei Zinsen und Energiepreisen wichtig

„Nach einem herausfordernden Jahr 2023 wird es auch 2024 darum gehen, Sicherheit zu geben. In unsicheren Zeiten punkten jene Unternehmen und Immobilien, die genau dies erfüllen. Stabilität als Immobiliendienstleister und ein Zuhause mit langfristig relevanten Ausstattungen, nachhaltigen Heizsystemen und in erschlossenen Lagen werden über den Erfolg entscheiden. Wichtig scheint, dass es zu Beruhigungseffekten kommt, bei Zinsen und Energiepreisen sowie im regulatorischen Bereich. Wir werden auch 2024 Wohnen, in Häusern und Wohnungen, die ein sicheres Zuhause möglich machen!“

Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL
In Erwartung stabilerer Rahmenbedingungen

„Die zur Bekämpfung der Teuerung seit dem Sommer 2022 eingeleiteten Zinserhöhungen haben sowohl die Immobilienpreise als auch die gehandelten Volumina 2023 teils signifikant sinken lassen. Mittlerweile geht der Markt aber davon aus, dass die Zinsen nicht mehr weiter steigen werden und für 2024 somit stabilere Rahmenbedingungen zu erwarten sind. Das heißt nicht, dass die Preise im kommenden Jahr wieder das Niveau von 2021 erreichen, sondern sich ein neues Gleichgewicht auf einem niedrigeren Preisniveau bilden wird. Da die Zinsen 2024 wahrscheinlich noch hoch bleiben werden, ist damit zu rechnen, dass dies zu Stresssituationen bei einzelnen Entwicklern aber auch Bestandshaltern führen wird. Seitens EHL sind wir auch für das kommende Jahr bestens aufgestellt, um unsere Kunden in der Vermarktung und Bewertung ihrer Immobilien perfekt unterstützen zu können.“

Anton Holzapfel, Geschäftsführer des ÖVI
Ein giftiger Mix und seine Folgen

„Nach Jahren der beständigen Aufwärtsentwicklung am Immobiliensektor gibt es eine – für viele nicht unerwartete – Kurskorrektur. Der giftige Mix aus Zinssteigerungen, Inflation, Kreditknappheit und Kostensteigerungen hat zu einem Stillstand in weiten Bereichen des Kauf- und Projektentwicklungsmarktes geführt. 2024 wird noch intensiv von dieser Entwicklung geprägt sein. Dennoch: die Nachfrage gerade nach Wohnimmobilien ist ungebrochen. Für die Ballungsräume in Österreich ist daher mit einer positiven Entwicklung ab 2025 zu rechnen, nicht zuletzt aufgrund des verminderten Angebots.“

Oliver Attensam, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Attensam
Reinigungsbranche gut aufgestellt

„Es ist davon auszugehen, dass 2024 einmal mehr herausfordernd wird – nicht zuletzt wegen der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Inflation, steigende Kreditzinsen und Lohnerhöhungen werden vermutlich weiterhin ihren Niederschlag finden. Eine Novellierung der KIM-Verordnung oder Anreize für Investitionen würden Unternehmen helfen, die Situation abzumildern. Ganz allgemein sehe ich die Reinigungsbranche gut und stabil aufgestellt. Wir wollen jedenfalls weiterhin den Großteil unseres operativen Gewinns – achtzig Prozent – in den Betrieb reinvestieren und somit sichere Arbeitsplätze erhalten und schaffen.“

Kathrin Reitz, Geschäftsführerin von Immobilis
Dienstleistung, fundiertes Fachwissen und Marktkenntnisse wieder „in“

„Der Immobilienmarkt hat sich gedreht – und damit auch die Dienstleistung der Makler. Während bis vor Kurzem Objekte zu fast jedem Preis auch in weniger guten Lagen und in weniger gutem Zustand schnell vermittelt wurden, zeigte sich bereits 2023, dass der Vermittlungszeitraum wesentlich länger geworden ist und die Immobilien viel differenzierter zu beurteilen sind. Den finanzpolitischen Umständen geschuldet, wird von eigenkapitalkräftigen Marktteilnehmern selektiv investiert und gekauft. Neben einer guten Lage rücken Kriterien der Nachhaltigkeit sowohl bei Wohnungs- als auch bei Gewerbeimmobilien mehr und mehr in den Fokus. Es ist wichtiger denn je, den Wert einer Immobilie professionell richtig einzuschätzen. Fachwissen und Marktkenntnisse sind wieder gefragt.“

Oliver Brichard, Geschäftsführer der Brichard Immobilien GmbH
Branche könnte zusammenrücken

„Die wirtschaftlichen Auswirkungen der momentanen Marktsituation, einerseits verursacht durch die aktuelle Zinslandschaft und die von der FMA erlassene KIM-Verordnung, andererseits durch das altbekannte Thema des Personalmangels, werden vermutlich einige Marktteilnehmer in ernsthafte Schwierigkeiten bringen. Die Folge daraus könnte und sollte sein, dass die Branche näher zusammenrückt und sich gegenseitig unterstützt, wo Unterstützung benötigt wird.“

Gerhild Bensch-König, Geschäftsführerin Raiffeisen WohnBau und Präsidentin Salon Real
Sich seitwärts bewegende Baukosten

„Gerade auf 2024 sollten wir mit viel Zuversicht schauen, denn 2023 war für die Immobilienbranche ein Jahr der großen Herausforderungen und so manches Thema scheint sich zumindest zu beruhigen. Die Baukosten bewegen sich seitwärts, wenn nicht abwärts. Die Zinsen sind im Herbst nicht weiter gestiegen, könnten zwar eine Zeit auf diesem Niveau bleiben, aber eventuell 2024 schon zu sinken beginnen. Und irgendwann wird man sich besinnen und nicht den Großteil der Bevölkerung von der Bildung von Eigentum fernhalten, heißt, die KIM-Verordnung wohl in all ihren Aspekten etwas zu lockern, damit die Menschen in diesem Land wieder Wohnungseigentum anschaffen und für die Zukunft vorbauen können.“

Matthias Gass, Präsident der Fiabci Austria
Steht das Schlimmste noch bevor?

“Das Unangenehme der aktuellen Krise ist, dass wir nicht wissen, ob das Schlimmste noch bevorsteht. Viele Immobilieninstitutionen stehen vor ungeahnten, teils existenziellen Herausforderungen. Steigende Zinsen und die Energiekrise belasten die Branche so sehr, dass in dieser Situation ‘Feel-Good-Projekte‘ keinen Platz in strategischen Überlegungen finden. Doch unsere Gebäude werden auch nach der Krise Bestand haben. Wir brauchen mutige Ideen, um Zukunftsprojekte neu zu bewerten und im Lichte der Herausforderungen umsetzbar zu machen. Deshalb werden wir im kommenden Jahr wieder den Fiabci Prix d’Excellence vergeben, um innovative Projekte zu würdigen.“ 

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