Perspektive Eigentum 04
24

Perspektive Eigentum

Ist das Mietkaufmodell angesichts schwieriger Finanzierungsbedingungen im freifinanzierten Segment ein probates Vermarktungsvehikel?

Die KIM-Verordnung rückte die Möglichkeit, Eigenheim zu erwerben für viele Menschen in weite Ferne. Folglich stockt auch der Wohnungsverkauf. In einer Situation, die von strengen Kreditvergaberichtlinien, hohen Zinsen und Kaufpreisen geprägt ist, gibt es eine Option, die sowohl für Bauträger als auch für potenzielle Käufer als Überbrückungsalternative erscheint. Die Rede ist vom Mietkauf. „Wohnungen, die nicht direkt verkauft werden können, werden an ernsthafte Kaufinteressenten vermietet. Dafür kommen besonders Kunden infrage, die zwar eine solide Bonität haben, aber aufgrund der Kriterien der KIM-V zum Beispiel an der Schuldendienstquote von vierzig Prozent scheitern, oder die Eigenmittel nicht in der erforderlichen Höhe bereitstellen können. Also Faktoren, die sich in einem absehbaren Zeithorizont ändern können“, erklärt Rechtsanwalt Dan Katzlinger, CEO der Kanzlei Katzlinger.

Vor Mietbeginn zahlen die Mieter einen Finanzierungskostenbeitrag auf ein Treuhandkonto: „Dieser Betrag könnte in etwa den erforderlichen Eigenmitteln entsprechen, die die Käufer für einen Kredit benötigen würden. Der Betrag kann auch darunter liegen, je nachdem, was für die Kunden gerade machbar ist. Sobald der Betrag auf dem Treuhandkonto liegt, tritt die Kaufoption in Kraft. Der Kaufvertrag, der abzuschließen ist, wenn die Option gezogen wird, wird dem Mietvertrag als Beilage beigefügt. Dies schafft Transparenz und ermöglicht den reibungslosen Übergang von der Miete zum Eigentum.“ Wird die Kaufoption nicht ausgeübt, gibt es mehrere Szenarien. „Der Finanzierungskostenbeitrag kann erstattet werden. Allerdings könnte auch ein Optionsentgelt abgezogen werden, um dem Bauträger eine Entschädigung zu bieten. Das wäre gegenüber der regulären Vermietung unverkaufter Objekte ein deutlicher Vorteil. Die Mieterseite wäre dann interessiert, die Option auszuüben, und dem Bauträger bietet diese Lösung eine gewisse Sicherheit“, so Katzlinger.

Attraktive Option

„Aus unserer Perspektive ist das Mietkaufmodell im freifinanzierten Bereich eine zunehmend attraktive Option, vor allem, da es den Zugang zu Wohneigentum erleichtert – besonders in Zeiten hoher Immobilienpreise und steigender Zinsen“, sagt wiederum Christoph Kirchmair, CEO und Founder des Wohnbau-Finanzexperten Infina.

Kallinger Projekte testete den Mietkauf bei der fünf Wohneinheiten umfassenden Villa Dostal in 1130 Wien. Die Eckdaten: Einstieg mittels zehnjährigem Mietvertrag, Bezahlung eines Optionsentgelts von etwa zehn bis 15 Prozent des aktuellen Wertes je nach Wohnungstyp, das beim Kauf wertgesichert voll auf den Kaufpreis angerechnet wird. Der Käufer ersteht nach zehn Jahren zum heutigen Wert plus Wertsicherung, wobei eine durchschnittliche Erhöhung von zwei Prozent per anno als Ausgangsbasis vereinbart ist. Die Wertsicherung ist nach oben auf maximal vier Prozent jährlich begrenzt. Kauft der Mieter nicht, bekommt er das Optionsentgelt mit einem Abschlag von fünfzig Prozent zurück. Alle Wohnungen wurden schlussendlich allerdings ohne Mietkauf vermietet, erzählt Geschäftsführerin Susanne Kallinger: „Warum es keine Nachfrage gab, verstanden wir auch nicht ganz. Aus unserer Sicht haben wir ein faires System entwickelt.“ Ihre Vermutung: Die Menschen wollen flexibel bleiben und frei entscheiden. Jene, die kaufen können, kaufen sowieso und jene, die mieten, fragen nach, sollte es für sie zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein, zu kaufen. Sie nehmen laut Kallinger dann auch den Marktwert in Kauf. Auch wenn es vorerst kein Interesse gab: Die Möglichkeit des Mietkaufs bleibe bei der Villa Dostal bestehen.

Teils mangelnde Kundeninformation

Von einer gänzlich anderen Erfahrung berichtet die EHL Wohnen-Geschäftsführerin Karina Schunker. Bei der Stammersdorfer Wohnhausanlage Flori Flats mit 58 Einheiten liefert das Mietkaufmodell „im Vergleich zu klassischen Abverkaufsliegenschaften eine sehr gute Performance“, sagt Schunker, deren Unternehmen die im Besitz von Rentinvest befindliche Liegenschaft makelt: „Wir konnten seit September dreißig Prozent der Wohnungen verwerten.“ Das Angebot hier: Der Mieter leistet eine Mietvorauszahlung von zehn Prozent des Kaufpreises im Jahr 0. Diese mindert folglich die Monatsmiete. „Nur sechzig Prozent der Miete werden beim Kaufpreis nicht berücksichtig. Der Rest wird großzügig auf den Kaufpreis, der mit jährlich drei Prozent fix indexiert ist, angerechnet“, so Schunker. Bei vorzeitiger Kündigung wird der noch nicht „verbrauchten“ Anteil der Vorauszahlung refundiert. Aktuell bietet die Rentinvest das Mietkaufmodell auch bei den Projekten Am Platz in Klosterneuburg, Im Rosengarten in Hietzing sowie F.Schillerstrasse in Mödling an.

Ein Vorteil des Modells ist laut der EHL Wohnen-Geschäftsführerin, dass damit eine andere Klientel angesprochen werden könne: „Es gibt eine Zielgruppe, die das annimmt. Ich sehe es schon als ein Modell, das abseits von KIM-V und hohen Zinsen geschätzt wird. Sonst hätten ja die gemeinnützigen Modelle in der Vergangenheit nicht Erfolg gehabt.“ Von Kundenseite bestehe definitiv Interesse, vor allem bei jenen, die momentan nicht die Mittel für einen direkten Immobilienkauf haben, sagt Kirchmair von Infina: „Die Verfügbarkeit solcher Mietkaufprojekte ist jedoch noch begrenzt. Eine Erhöhung des Angebots könnte die Nachfrage weiter steigern. Die KIM-V hat nicht direkt die Attraktivität des Mietkaufmodells beeinflusst. Es könnte jedoch als Alternative für diejenigen attraktiver werden, die unter den strengeren Bedingungen keinen herkömmlichen Kredit erhalten.“ Ein begrenztes Interesse seitens Kunden könnte auf mangelnde Information oder das Fehlen attraktiver Angebote zurückzuführen sein, mutmaßt Kirchmair und meint, dass mehr Engagement und Offenheit seitens Entwickler das Modell populärer machen könnten: „Ich glaube, dass der Mietkauf im freifinanzierten Wohnbau großes Potenzial hat, wenn Entwickler, Kreditinstitute und Wohnbaufinanzexperten zusammenarbeiten, um attraktive Bedingungen zu schaffen.“

Keine konkreten Spielregeln

Dass es das Mietkaufmodell im freifinanzierten Wohnbau derzeit eher selten gibt, führt Schunker darauf zurück, dass sich der Verkäufer damit einschränke: „Es gibt einen konkreten Fahrplan, an den er sich halten muss. Wird die Kaufoption nicht gezogen, hat man eine bewohnte Wohnung im Bestand. Das Modell ist so gesehen einseitig positiv für den Mieter.“ Die Wohn-Testphase bietet dem Mieter eine große Flexibilität. Er kann testen, ob ihm die Immobilie tatsächlich zusagt und eine Finanzierung des späteren Kaufs ohne Zeitdruck und damit auch ohne Zwischenfinanzierung auf die Beine zu stellen. Für Eigentümer, die von einer Bestandhaltung abschrecken, ist das Modell Schunker zufolge daher generell nicht geeignet. Rechtsanwalt Dan Katzlinger kann ihm allerdings auch Bauträger-seitig Positives abgewinnen: „Es kann ihnen helfen, Käufer zu finden, während gleichzeitig mehr Zeit zur Verfügung steht, um die Finanzierung für die späteren Eigentümer sicherzustellen. Selbst im schlimmsten Fall, wenn die Option nicht ausgeübt wird, hat der Bauträger bereits Einnahmen erzielt, um seine Finanzierung zu bedienen.“

Schunker zufolge sind die wichtigsten Parameter im Mietkauf die Vertragslaufzeit, der Mietvertrag, die Kaufoption und der Kaufpreis sowie die Entscheidung für ein oder gegen ein Optionsentgelt beziehungsweise eine Mietvorauszahlung einhergehend mit der Frage, wie viel davon und wie dieses beziehungsweise diese auf den Kaufpreis angerechnet wird: „Es gibt keine konkreten Spielregeln. Letztlich entscheidet der Markt, ob das Modell angenommen wird oder nicht.“ Rechtlich gäbe es viele Möglichkeiten in der Umsetzung, sagt Katzlinger: „Wichtig ist, dass die Vorgaben des Konsumentenschutzgesetzes eingehalten werden. Gerade die etwas komplexe Struktur stellt hohe Anforderungen an die Transparenz der Verträge. Auch das Mietrechtsgesetz muss natürlich berücksichtigt werden, damit die Lösung sauber umgesetzt werden kann.“ Eine Anrechnung der Miete auf den späteren Kaufpreis sei nicht zwingend vorgesehen, könne aber vereinbart werden: „Grundsätzlich können im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen sowohl der Kaufpreis als auch die Miete frei vereinbart werden. Es gibt also einen großen Spielraum, der das Modell sehr interessant macht.“

Blick zu den Gemeinnützigen

Mit dem Modell Gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), die dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) unterliegen und damit genaue Vorgaben erfüllen müssen, gibt es übrigens keine Gemeinsamkeiten. Doris Molnar, Vorstandsdirektorin der Gemeinnützige Donau-Ennstaler Siedlungs-Aktiengesellschaft (Gedesag): „Im gemeinnützigen Wohnbau handelt es sich nicht um einen Mietkauf, sondern um eine Miete mit nachträglicher Kaufoption.“ Das WGG sieht keine Anrechnung der bezahlten Mietzinse auf den späteren Kaufpreis vor. Für die GBV gibt es eine verpflichtende Behaltefrist von mindestens fünf Jahren nach Erstbezug. Danach kann der Mieter drei Mal innerhalb von 15 Jahren ein Kaufangebot einfordern. Für den Kaufpreis gilt als Untergrenze der Buchwert, als Obergrenze der Kaufpreis eines vergleichbaren freifinanzierten Objektes. Erachtet der Käufer den Preis als unangemessen, kann er diesen bei Gericht wegen offensichtlicher Unangemessenheit sogar anfechten. Weitere der zahlreichen Unterschiede sind laut Molnar, dass es bei Kauf einer geförderten Wohnung für den Wiederverkauf an nicht nahe Angehörige eine Spekulationsfrist von 15 Jahren, bei Weitervermietung einer gefördert errichteten Wohnung eine Mietzinsobergrenze für die ersten 15 Jahre ab dem Kaufdatum gibt.

Quelle öffnen