Die Marktlage im Immobiliensektor hat sich in den vergangenen Monaten verändert. Sieben von zehn Immobilienexperten sind davon überzeugt, dass „Europa noch vor 2023 in eine Rezession schlittern wird“, heißt es in der aktuellen Studie „Emerging Trends in Real Estate 2023 – In the Eye of the Storm“, durchgeführt vom Urban Land Institute (ULI) und dem Beratungsunternehmen PwC unter rund 1000 europäischen Branchenkennern. Mit 91 Prozent ist die meistgenannte Herausforderung des Immobiliensektors die Inflation, dicht gefolgt von den Zinsbewegungen (89 Prozent) und dem schwachen Wirtschaftswachstum in Europa (88 Prozent).
Gestiegene Baukosten und die Ressourcenverfügbarkeit stehen im Ranking ebenso ganz oben. Diese beiden Aspekte werden von den Befragten als längerfristige Herausforderung gesehen: Rund drei Viertel stellen sich auf entsprechende Kosten- bzw. Ressourcenprobleme über die nächsten drei bis fünf Jahre ein. „Die Antworten der Befragten deuten darauf hin, dass für 2023 steigende Renditen und damit sinkende Immobilienwerte zu erwarten sind. Es herrscht allerdings Konsens, dass die Marktanspannungen nicht annähernd die Ausmaße wie bei der globalen Finanzkrise 2007 erreichen dürften. Der Zinsanstieg wird aber dennoch für gravierende Auswirkungen am Markt sorgen", sagt Marius Richter, Partner und Real Estate Leader bei PwC Österreich.
Für das kommende Jahr vorgesehene Immobilienprojekte werden laut den Branchenexperten „vorerst auf 2024 geschoben oder ganz aufgegeben“. Eine dadurch sinkende Neubauleistung werten manche Experten in der Studie „als positiv für Bestandsobjekte und deren Bestandserhalter“.
„Der österreichische Immobilienmarkt reagiert tendenziell sehr zeitverzögert auf die globalen Real Estate Trends. Heimische Immobilien-Fachleute haben jedoch die Herausforderungen der Marktsituation erkannt. . . . Darüber hinaus haben viele Branchenführer erkannt, dass die wichtigen Zukunftstrends ESG, Digitalisierung und Deglobalisierung auch Chancen bieten", ergänzt Peter Fischer, Real Estate Leader bei PwC Österreich.
Dass unter anderem die Immo-Branche über die steigenden Zinssätzen besorgt ist, analysiert Jasmin Soravia, Chair von ULI Austria, folgendermaßen: „Es gibt jedoch weiterhin viel Kapital, das darauf wartet, investiert zu werden. In Zeiten der Unsicherheit sind neben der richtigen Bestandsauswahl ein starker Fokus auf ESG-Kriterien, operative Fähigkeiten und Kundenorientierung ausschlaggebend."
Die Studie beinhaltet wie in den Vorjahren ein Ranking, das auf der Einschätzung der befragten Immobilienmanager zu den „attraktivsten europäischen Investitionsstandorten" basiert. Berücksichtigt werden unter anderem die Zukunftsaussichten der Städte in puncto Rendite und Entwicklung. London steht das zweite Jahr in Folge an der Spitze, gefolgt von Paris und Berlin, die die Plätze vom vergangenen Jahr getauscht haben. Wien belegt den zwölften Platz und behält damit dieselbe Position wie im Vorjahr. (taru)