Umsatzsteuer bei virtueller Vermietung?

Wie sogenannte „In-Game-Transactions“ aus Sicht der Umsatzsteuer zu behandeln sind. Ein Steuertipp von TPA.
Umsatzsteuer bei virtueller Vermietung?
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Computerspiele, digitale Welten, Tokenisierung und überhaupt die Digitalisierung sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Immer öfter verlagert sich demnach auch die Geschäftswelt in den digitalen Raum. Jüngst mussten die deutschen Finanzgerichte die Frage beantworten, wie sogenannte „In-Game-Transactions“, also Transaktionen innerhalb der rein virtuellen Welt des Computerspieles, aus Sicht der Umsatzsteuer zu behandeln sind.

Konkret: Eine in Deutschland ansässige Person (Spieler) nahm an einem Online-Simulationsspiel eines in den USA ansässigen Anbieters teil. Im Rahmen des Spiels konnte „echtes“ Geld – über eine vom US-Anbieter betriebene „Börse“ – in Spielgeld getauscht werden; das Spielgeld wiederum ist für den Erwerb bzw. die Anmietung virtueller Gegenstände erforderlich. Der Spieler kaufte sich ein virtuelles Grundstück und vermietete es an andere Spieler. Die virtuellen Mieteinkünfte tauschte der Spieler beim US-Anbieter letztlich in „echtes“ Geld zurück. Für seine virtuelle Tätigkeit wurde „sogar“ ein Gewerbe für den Internethandel mit Waren aller Art angemeldet.

Kein verbrauchsfähiger Vorteil

Das Finanzamt beurteile die digitale Vermietung als umsatzsteuerpflichtige Leistung. Der Spieler erbringe demnach an seine Mitspieler (andere Teilnehmer desselben Computerspiels) eine umsatzsteuerpflichtige Leistung. Wenngleich sich dies aus dem Sachverhalt des BFH-Urteils nicht ausdrücklich ableiten lässt, scheint es so, als hätte der Spieler keine bzw. keine konkreten Angaben zu den jeweiligen (ausländischen) Wohnsitzen seiner „Mieter“ (die anderen Teilnehmer desselben Computerspieles, die das virtuelle Grundstück anmieteten und hierfür in Spielgeld bezahlten) machen können. Mangels diesbezüglicher Angaben schätzte das deutsche Finanzamt, dass 70 % der Umsätze der deutschen Umsatzsteuer zu unterwerfen seien (§ 3a Abs 1 dUSG –Unternehmerortprinzip). Auch erstinstanzlich (konkret das Finanzgericht Köln) wurde festgehalten, dass die virtuelle Vermietung eine unternehmerische Tätigkeit und somit eine umsatzsteuerpflichtige Leistung darstelle.

Der Rechtsauffassung des deutschen Finanzamtes und auch des Finanzgerichts Köln erteilte der deutsche Bundesfinanzhof eine klare Absage (siehe BFH vom 18.11.2021, V R 38/19). Der BFH stellte fest, dass die virtuelle Vermietung und die damit einhergehenden virtuellen Umsätzen (In-Game-Transactions) keinen verbrauchsfähigen Vorteil iSd dUStG darstellen. Spielinterne „Umsätze“ zwischen Spielern, die sich auf die bloße Teilnahme an dem Spiel und somit darauf beschränken, in der Interaktion mit anderen Spielteilnehmern das Spielerlebnis zu gestalten, stellen sich in der Regel nicht als Beteiligung am realen Wirtschaftsleben dar. Letztlich ist die virtuelle Vermietung eben eine virtuelle und stellt keine Teilnahme am “echten“ Wirtschaftsleben dar. Virtuelle Mietumsätze sind nach den Ausführungen des BFH nicht wirtschaftliche Vorteile der Spielwelt, die als nicht umsatzsteuerbar zu qualifizieren sind. 

Anders verhalte es sich allerdings beim Rücktausch des Spielgeldes in „echtes“ Geld. Anders als die spielinterne „Vermietung“ des virtuellen Grundstücks erfolgt die Übertragung des Spielgeldes nämlich an einem realen Markt (über die „Börse“ des US-Anbieters). Die Leistung des Spielers bestehe darin, den jeweiligen Empfängern mit dem Spielgeld ein virtuelles Spielobjekt zur späteren Nutzung im Spiel und damit einen verbrauchsfähigen Vorteil zu verschaffen. Der Spieler habe mit der Übertragung des Spielgeldes einen Aspekt der Spielvorbereitung, wie dies üblicherweise auch der Veranstalter eines Spiels tun würde, der die erforderlichen Spielutensilien zur Verfügung stellt, übernommen. Nach Ansicht des BFH stellt der Rücktausch somit eine steuerbare (sonstige) Leistung des Spielers an den US-Anbieter (und nicht an die anderen Spieler) dar.

Der BFH geht hierbei von einem Kommissionsgeschäft aus: Der Spieler überträgt das Spielgeld an den US-Anbieter, welcher das Spielgeld wiederum als Kommissionär an den Käufer (anderer Spieler) über die von ihr betriebene „Börse“ weiter veräußert. Der BFH sah die Tätigkeit des US-Anbieters im Rahmen der Transaktionsabwicklung über die „Börse“ als Leistung des US-Anbieters im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung (nämlich auf Rechnung des veräußernden Spielers). Letztlich zog der BFH einen Vergleich zur Tätigkeit von Finanzdienstleistern. Die Tätigkeit des US-Anbieters sei demnach als mit jener von Finanzdienstleistern, die für Kunde Wertpapiere veräußern, vergleichbar.

Für Österreich relevant

Die Leistung des Spielers an den US-Anbieters war jedoch in Deutschland nicht steuerbar. Da sich der für Umsatzsteuerzwecke relevante Leistungsort nach jenem Ort richtet, von dem der US-Anbieter als Unternehmer sein Unternehmen und auch ihre Server betreibt (somit USA), löste der Rücktausch mangels Leistungsortes in Deutschland keine deutsche Umsatzsteuer aus.

Da es sich bei der Umsatzsteuer grundsätzlich um eine in der EU harmonisierte Abgabe handelt, ist das Urteil des BFH auch für Österreich durchaus von Interesse: Betreiber vergleichbarer Computerspiele mit umsatzsteuerlichem Sitz in Österreich werden gut beraten sein, im Detail zu prüfen, wie ein allfälliger Rücktausch eines Spielers von digitalem Spielgeld in „echtes“ Geld aus Sicht der Umsatzsteuer zu behandeln ist. Zu beachten wäre nämlich, dass bereits die erstmalige Ausgabe von Spielgeld an einen Spieler gemäß § 3a Abs 13 öUStG eine (sonstige) elektronische Leistung darstellt, die grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegt. Der Rücktausch des Spielgeldes gegen „echtes“ Geld durch den Spieler an den Betreiber könnte wiederum der Umsatzsteuer unterliegen.

Wenngleich klar ist, dass nicht jeder Spieler die Voraussetzungen für die Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erfüllen wird, bei der Rückübertragung demnach auch keine Umsatzsteuer anfiele, ist es aus Sicht der Betreiber jedenfalls wichtig, diese Aspekte den Spielteilnehmer zu kommunizieren. Selbst wenn aber ein (einnahmeorientierter) Spieler Unternehmerstatus nach Maßgabe des Umsatzsteuergesetzes erlangt, sind insbesondere die Besonderheiten für sogenannte Kleinunternehmer zu beachten. Kleinunternehmer sind nämlich bis zum Erreichen der Umsatzschwelle nicht dazu verpflichtet, für die von ihnen erbrachte Leistungen Umsatzsteuer zu verrechnen.