Immer mehr Menschen ziehen in Ballungsräume. Das stellt die Stadtentwicklung in den urbanen Zentren vor große Herausforderungen. Dass die Schaffung von Wohnraum nicht unbedingt im Widerspruch zu mehr Grün und Berücksichtigung ökologischer Kriterien stehen muss, zeigen aktuelle Projekte in mehreren Städten. Vielfach wird dabei ehemaliges Industrie- und Gewerbegebiet neu genutzt.
So wie in Korneuburg. Dort wurde vor mittlerweile knapp 30 Jahren der Betrieb der Werft an der Donau nach mehr als einem Jahrhundert eingestellt. Wo einst sogar Hochseeschiffe gebaut worden sind, soll ein Stadtviertel entstehen, das Wohnraum für 1600 und Arbeitsplätze für 800 Menschen schafft. „Derzeit sind wir in Vorbereitung der Umweltverträglichkeitserklärung“, erklärt Bürgermeister Christian Gepp den aktuellen Stand. Den Masterplan hatte die Gemeinde bereits vor zehn Jahren erstellt, doch mehrere Eigentümerwechsel verzögerten die Neunutzung bis zum Einstieg der Signa 2019. „Wir wollen rund um die fünf Hektar große Wasserfläche des einstigen Werftbeckens ein Vorzeigeprojekt errichten, auch in Hinblick auf Nachhaltigkeit“, sagt deren Sprecher, Ernst Eichinger. Nutzen will man dafür das besondere Asset: die Donau. Deren Fließgeschwindigkeit soll mithilfe von Strom-Bojen zur Herstellung von Energie genutzt werden. Eichinger: „Wir streben einen energieautarken Stadtteil an.“ Vorgesehen ist eine „gemischte Nutzung“, auch mit Gastro und Veranstaltungshalle. Die unter Denkmalschutz stehenden Backsteinbauten der Werft werden laut Gepp revitalisiert, ein direkter Zugang zum Wasser soll bei den Neubauten eine hohe Qualität sicherstellen. Damit will man laut Eichinger auch dem „hohen Identifikationsfaktor“ Rechnung tragen, den das insgesamt rund 20 Hektar große Areal aufgrund seiner Geschichte für die Stadt hat. Gerechnet wird mit einer etappenweisen Fertigstellung in den kommenden zehn Jahren.
Auch in Linz denkt man grün, wenn es um die Entwicklung des Quartiers Sommerfeld-Ebelsberg geht. Auf dem Areal der ehemaligen Hiller-Kaserne, das mittlerweile einer Privatstiftung gehört, sowie auf den angrenzenden Flächen – diese teilen sich mehrere Bauträger – ist die Errichtung von 3000 Wohnungen geplant, wobei das Prinzip der „Schwammstadt“ großgeschrieben wird. Durch Bauwerksbegrünungen oder besondere Oberflächengestaltung des Straßenraums werden versickerungsfähige Flächen geschaffen, die das Regenwasser in der Stadt halten, sodass es diese durch Verdunstung im Sommer kühlen kann. Gleichzeitig werden durch diese Maßnahmen Überflutungen bei Starkregen vermindert. Darüber hinaus wird das neue Viertel als „Stadt der kurzen Wege“ konzipiert: Wohnen, Arbeiten, kommunale Einrichtungen und Dienstleistungsanbieter sollen auf engem Raum untergebracht werden, um Pkw-Fahrten überflüssig zu machen. Wahrzeichen des neuen Viertels wird ein 22-geschoßiges Wohnhaus aus Holz sein. „Der Umsetzungswettbewerb für den südlichsten Teil ist beendet, wir hoffen auf einen baldigen Baubeginn“, sagt Planungsstadtrat Dietmar Prammer. Die Beteiligung von Genossenschaften soll leistbares Wohnen garantieren. In zehn Jahren soll das Projekt, das auch die Sanierung denkmalgeschützter Kasernenbauten umfasst, abgeschlossen sein.
In der Hauptstadt des Burgenlands folgt man bei der Gestaltung des Kirchäcker-Viertels den Leitlinien des Stadtentwicklungsplans Eisenstadt 2030, der eine qualitätsvolle Entwicklung und den Erhalt des baukulturellen Charakters der lokalen Zentren sicherstellen soll. „In Umkehr der üblichen Vorgangsweise planen wir zuerst den rund 8000 m2 großen Park. Die Baumaßnahmen rundherum haben sich danach zu richten“, erklärt Bürgermeistersprecherin Bettina Eder. Eine naturnahe Gestaltung des Parks soll Lebensraum für Pflanzen und Tiere schaffen. „Wichtig ist, dass für die Gestaltung der Kirchäcker kein neues Bauland ausgewiesen wurde“, sagt Eder. „Im Gegenteil: Für den Park wurde ehemaliges Bauland in Grünland umgewidmet.“ Bauwerksbegrünungen und ein Regenwassermanagement sollen hier, ähnlich wie in Linz, die Kühlung durch verdunstendes Nass während der Sommermonate gewährleisten. Rund 2000 Menschen sollen künftig hier wohnen.