Wien (OTS) - „Wie die Experten aus der Maklerbranche gewarnt haben, ist nun als Folge der Einführung des Bestellerprinzips das Angebot an Mietwohnungen in Inseraten binnen eines Jahres um 37 Prozent zurückgegangen“, berichtet heute der Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien, Michael Pisecky. Die Abschaffung der Provision für Immobilienmakler bei Mietwohnungen hat besonders in Wien mit seinem hohen Anteil an Mietwohnungen große Auswirkungen auf Wohnungssuchende. Die Zahlenangaben von Pisecky beruhen auf Datenauswertungen durch das Grazer Unternehmen ZT-Datenforum.
Wie Pisecky erinnert, besagt das in Österreich seit 1. Juli 2023 gültige Bestellerprinzip, dass Maklerinnen und Makler die Provision nur von demjenigen verlangen dürfen, der sie zuerst mit der Vermittlung des Mietvertrages beauftragt hat. In der Regel ist das derjenige, der die Wohnung vermieten will.
In Österreich wiederholen sich die schlechten Erfahrungen mit dem Bestellerprinzip aus Deutschland
Die nunmehrigen Zahlen zum Angebot an Mietwohnungen in heimischen Internetportalen überraschen nicht. Sie spiegeln die Erfahrungen aus Deutschland wider, wo das Bestellerprinzip bereits seit 2015 gilt. Dort hat die deutsche Bundesregierung im Jahr 2020, fünf Jahre nach Inkrafttreten des Bestellerprinzips, eine Studie bei DIW Econ in Auftrag gegeben. Laut dieser Studie wurden nach Einführung des Bestellerprinzips nur noch 35 Prozent der Mietwohnungen über ein Maklerbüro, und damit transparent sichtbar, vermittelt. Davor waren es über 60 Prozent.
Pisecky: „Die angebliche und versprochene Entlastung für Mieter bringt genau den gegenteiligen Effekt, wie schon das Beispiel Deutschland vor Augen führt. Unterm Strich müssen Wohnungssuchende nach Verdrängung der Immobilienmakler aus dem Markt neuen Beteiligten wesentlich mehr bezahlen - nur unter anderen Titeln.“ So kam es in Deutschland immer öfter zu an sich unzulässigen Ablösen an die Vormieter, die nun die Wohnungen direkt und in Absprache mit dem Vermieter anbieten. Dieses Ablöseunwesen ist in Österreich bereits in den 1990er-Jahren mühevoll abgeschafft worden.
Durch Wegfall der Maklerleistungen für Wohnungssuche muss Beratung teuer zugekauft werden
Oft werden Makler von den Vermietern nicht mehr beauftragt, da sie die Vermarktungskosten nicht alleine tragen wollen oder können, weil eben über 60% der gewerblichen Mietwohnungen gesetzlich preisgeregelt sind.
Übrigens, darauf weist Pisecky gesondert hin, leisten die gewerblichen und privaten Vermieter, einen wesentlichen Beitrag zum leistbaren Wohnen, was so nie erwähnt wird: es wohnen über 50 Prozent der Personen aus dem untersten Einkomennsquartil NICHT im sozialen Wohnbau.
Mit dem Bestellerprinzip verlieren die Mieter den rechtlichen Schutz, weil sie nicht mehr von professionellen Maklern betreut werden. Die künftigen Mieter wurden bis Juli 2023 vom Makler, der laut Gesetz als Doppelmakler fungiert hat, vertreten. Nunmehr muss der künftige Mieter allenfalls notwendige Beratung – z.B. zum Mietvertrag, Hausordnung, Kautionen, … - von extern, zumeist von Rechtsanwälten zukaufen.
Die Einpreisung der Vermarktungskosten in die Miete ist in Österreich oft nicht möglich
Pisecky kommt im Zusammenhang mit dem Bestellerprinzip noch auf einen Aspekt aus Deutschland zu sprechen: „In Deutschland können die Vermieter als Besteller die Vermarktungskosten in die Miete einpreisen. In Österreich ist diese Einpreisung der Vermarktungskosten in der Regel nicht möglich, da zwei Drittel der privaten und gewerblichen Mieten gesetzlich preisgeregelt sind.“
Bestellerprinzip muss nach einem Jahr vom Parlament evaluiert werden
Der Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien, Michael Pisecky verlangt daher eine Evaluierung des Bestellerprinzips im Mietrecht nach einem Jahr durch eine parlamentarische Arbeitsgruppe: „Wir wollen, dass überprüft wird, ob sich mit der Abschaffung der Maklerprovision die Situation für die Mieter wirklich verbessert hat. So ist die Zielsetzung der Mietervertreter, die Mieter zu entlasten – was jetzt in Wahrheit zu weniger verfügbaren Mietwohnungen, dafür aber mit den unseligen Ablösen geführt hat - nicht zu erreichen!“
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